Tagsüber ist die Welt so Farbenfroh

Genau vor meinen Füßen lag es, gerade eben hing es noch an einem großen kräftigen Baum. Es ist Bunt in den Farben braun, gelb rot und sogar noch ein klein wenig grün. Ich habe es aufgehoben und mir genauer angesehen. Es ist einfach nur schön, aber beängstigend leblos.

Manches mal im Herbst, wenn die Blätter so fallen, stelle ich mir vor ein Zwerg zu sein, ganz klein, so winzig das ich auf einem Blatt mit nach unten segeln könnte. Das wäre sicherlich besser als die genialste Achterbahn die wir kennen. Vor allem wenn es draußen stürmisch ist.

Ich ließ es wieder fallen. Es glitt mit allen anderen zusammen langsam aber sicher zu Boden. Die anderen waren auch bunt, teilweise ganz braun, teilweise ganz gelb und sogar ein klein wenig rot. Ein kunterbuntes Farbenspiel. Keines glich dem anderen.

Sobald sie unten ankamen waren sie fast still. Hin und wieder wurde vom Wind eines aufgewirbelt, dann, wenn er sie von unten zu packen bekam. Aber ansonsten waren sie ganz ruhig, sie lagen einfach nur da.

Ab und zu sah man ein paar Nadelbäume, sie passen sich nicht dem bunten treiben an. Stolz stehen sie da mit ihren grünen Nadeln. Jetzt beginnt wieder ihre Zeit.

Der kleine Vierbeiner stupste die kleinen Blätter hin und wieder mit der Schnauze an, um zu sehen was sich darunter verborgen hält. Bald schon wurde dies für ihn uninteressant. Wir stapften weiter übers Feld. Am Ende unserer Runde wanderte der Hundeblick zur Weide, auf der das Begrüßungs-Kommitee uns mit einem lauten Böööh den Sommer über begrüßte. Aber auch dort ist es still. Nichts das sich bewegt, kein einziges Geräusch außer der Wind sind zu vernehmen. Auch die Weide ist leblos.

Die Schafe sind nicht mehr da, sie wurden schon vor ein paar Tagen abgeholt. Und irgendwie, ich weiß nicht warum aber diese Jahr werden sie mir fehlen. Diese zwei waren auf ihre Art und Weise etwas besonderes. Die Jahre davor waren die zwei, die auf der Weide standen nicht so mitteilungsbedürftig. Doch diese beiden in diesem Jahr, sie Begrüßten mich jedes mal.

Dann, wenn ich von der Arbeit nach Hause kam, oder den Müll heraus brachte. Oder wenn ich mit dem Hund so wie heute an dem Weidezaun entlang lief. Jedes mal machten sie ihr freundliches „bööööhh“. Das kleine, das seine Mutter schon längst eingeholt hat sogar ab und zu ein „böh böööh“. Aber nun sind sie im warmen Stall, mit vielen anderen zusammen.

Wir waren schon fast im Haus, da bewegte sich etwas im Gras. Der kleine Schnüffler sprang mit einem Satz auf die Stelle, doch erwischen konnte er das Bewegliche, was auch immer es gewesen sein mag nicht. Seine Nase schob er trotzdem weiter und weiter vor, so als könne er es dadurch noch erreichen. Bald schon sah man den Kopf nicht mehr.

Ein Pfiff von mir und der Kopf tauchte wieder auf. Süß sah es aus mit dem Sand auf der Schnauze und an den Ohren. Er wartete ab ob ich noch hinterher rief und mein Ruf kam. So trottete er an Meine Seite und wir beide gingen ins Haus.

Dort im warmen ist es auch Still. Nur die Marienkäfer deren Zeit nun wieder ist krabbeln überall ekelerregend an der Haustür und wollen herein. Ein Handfeger begrüßt diese jeden Morgen und fegt sie wieder nach draußen. Selbst die Spinnen sind schon weniger geworden. Im Sommer scheinen sie Urlaub bei mir in der Wohnung zu machen, denn im Winter sieht man sie viel seltener. Die schwarze Käferzeit ist auch fast vorbei. Kaum noch einer traut sich unter der Tür in mein Heim. Bald werden auch sie still sein.

Ich zündete mir eine Kerze an und schaute in die kleine Flamme, sie brennt jetzt immer noch, hier in diesem Raum. Und sie ist schön. Wenn man mit den Händen über die Flamme gleitet wird einem richtig warm. Draußen ist es jetzt kalt und dunkel. Kein Stern zu sehen. Und hier drinnen meine kleine Kerze und ich.

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