Sie jagen sich häufiger, immer wieder und immer wieder, mal rauf mal runter, an dem Spiegel vorbei zurück durch die Küche, hindurch an dem Sofa entlang, über den Teppich zum Schlafzimmer, von dort aus ins Arbeitszimmer, über das Gästebett zum Wohnzimmer zurück, an der Garderobe vorbei ins Bad und von dort wieder in die Küche.
Man könnte fast sagen das sie diese Jagd täglich bestreiten. Entweder fängt der eine an, oder der andere, wobei das Jagdmuster immer das selbe ist. Das kleinere Wesen wird gejagt, das größere ist Jäger. Meist geht es dabei um Banalitäten wie eine Zitronenteedose, irgendeinen interessant wirkenden Gegenstand, eine Bierflasche, eine Glühbirne, eine Zeitung oder was einem sonst noch so einfällt. Immer mal was anderes und doch ist es so interessant das man sich jagen muss.
So auch gestern, sie kam ein bisschen Später von der Arbeit da die Datenübertragung zur Zentrale mal wieder starke schwankte. Nicht das sie unzufrieden wäre, nein eher im Gegenteil die Gute Laune die sie noch auf der Arbeit hatte, konnte selbst von den geöffneten Schleusen des Himmels, die auf sie Hernieder rasten nicht vertrieben werden. Warum auch, war es doch ein Frühlingsregen, bei dem die von der Sonne noch aufgeheizten Straßen sachte vor sich hin dampften.
Normal ist es so das bei Regen selbst das Vogelgezwitscher leiser wird oder gar sich ganz einstellt. Doch dieser Regen gestern war den Vögeln wohl auch genehm so zwitscherten sie fröhlich munter vor sich hin.
So lief sie also Klitschnass die Treppe zur Wohnung hoch von ihrem kleinen Hausfreund begleitet der freudestrahlend vor sich hin wedelt um sie noch heftiger zu begrüßen. Die Augen des kleinen Herrn strahlten um die Wette mit ihren denn beide hatten gute Laune. Aber er hat seinen Grund dafür. Bekommt er doch jedes mal wenn er alleine war ein Leckerli als Ansporn beim nächsten mal auch wieder artig zu sein.
Nach der traditionellen Leckerli Übergabe, rennt er los und schaut sich suchend im Raum um. Und verschwindet kurz hinter dem Sofa, dann sucht er weiter unter dem Bett und stürmt durch die Wohnung. Während sie sich erst einmal trockene Sachen anzieht um danach noch ein klein wenig zu telefonieren. Irgendwann legt sich der kleine behutsam neben sie und kuschelt sich an.
Doch es ist Jagdsaison. Wie jeden Tag. Nicht das es Feierabend wäre. Nein eine Jagd muss noch durchgeführt werden. Ohne die gäbe er keine Ruhe. Da sie keine Anzeichen davon machte, das sie den Gegenstand auswählt um den es sich heute drehen würde. Kramte er in seine Kiste herum. Und holte einen abgeknabberten angesabberten Knochen hervor. Ochhhh neeeee...
Ok, das ist kein großer Anreiz. Und er suchte weiter. Ah jaaaa, da wird sie ihn sicherlich jagen. Ein lautes Quietsch ertönte in der Stille des Wohnzimmers und er schien sie an zu grinsen mit seinem freudigen Hundegesicht. Ja, das war es.
Sie stand lachend auf, und ging langsam auf ihn zu. Es ist auch ein Ritual das sie bei einer Jagt vollziehen das Startsignal. Sie hat ihn fast erreicht da spurtete er los in Richtung Küche. Sie hinter her. Da es dunkel war stolperte sie über den Knochen den er wohl weißlich mitten im Flur platziert hatte um einen etwas größeren Abstand zu gewinnen. Die Jagt sollte doch schön lange dauern.
Lachend machte sie Licht im Flur, wohl wissend, das sie sonst noch einmal über den Knochen fallen würde denn meist geht es zwei bis drei mal über den Flur zur Küche und wieder ins Wohnzimmer. Liebt es der gejagte doch immer im Kreis zu laufen.
Hin und wieder täuschte sie ein „nicht mehr können“ an um ihn inne halten zu lassen um dann mit einem Satz in an zuspringen. Doch auch diese Taktik kannte er schon auswendig und grinst sich wieder einen.
Doch der Tag hat auch an ihn seine Spuren hinterlassen, nach 5 runden von Wohnzimmer, Flur, Küche, Wohnzimmer. Und dem hin und her gerenne Schlafzimmer, Arbeitszimmer, Wohnzimmer, Bad legte er sich lang auf den Teppich schaute sie müde an und schloss die Augen.
Das letzte Ritual. Das gefasst werden. Sei schnappte sich das Quietschende Brathähnchen und legte es dann den Sieg inne habend neben sich. Er stellte sich wieder auf tapperte auf sie zu und legte sich daneben. Nun konnte die Nacht beginnen.